Alle Artikel in der Kategorie “Performance

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Bertram Haude

Der Kritiker ist Teil seiner Kritik und der »Flaneur ist kein Käufer, er ist (selbst) Ware«. 
(aus Walter Benjamin, Passagen-Werk)

Der (fast) unsichtbare Ort des Kaufhauses, dessen Geschichte den Ausgangspunkt für die im Projekt Kaufhaus Joske stattfindenden Diskurse bildet, ist Grundlage für Bertram Haudes Performance. Hierbei ist Bertram Haude in seinen Überlegungen in einen Konflikt geraten: Das ehemalige Kaufhaus, das als erstes Kaufhaus in Leipzig-Plagwitz zur beginnenden Warenhauskultur gezählt werden kann, könnte Ausgangspunkt sein für kapitalismuskritische Fragen, die zu Bertram Haudes künstlerischer Praxis gehören. Die spezifische Geschichte aber, die sich auf das Kaufhaus gelegt hat, die Vertreibung und Ermordung seiner Besitzer, bricht jene Sicht und führt in einen anderen Betrachtungszusammenhang. Bertram Haude stellt sich daher die Frage: „Können wir in einem unsichtbaren Kaufhaus einen Raum finden, der uns den nötigen Abstand für differenzierte Kritik verschafft?“

Bertram Haude (*1971) hat an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig in der Klasse für freie Kunst bei Astrid Klein studiert. Seine Arbeiten weisen eine Vielfalt unterschiedlicher Medien auf, die ihren Zusammenhang in einer stark gesellschaftspolitischen Haltung finden. Bertram Haudes Arbeit wurde bisher durch zahlreiche Stipendien gewürdigt, u. a. führte ihn 2009 eine DAAD-Förderung für ein Jahr nach Israel.

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(Fotos: Frank Höhle)

The critic is part of her critique and »the flâneur is not a consumer, he is (himself) a commodity«
(from Walter Benjamin, Arcades Project)

Projekt Kaufhaus Joske takes the point of departure for the discussions it hosts from the history of the former department store that bore its name. This (almost) invisible history provides the foundation for Bertram Haude’s performance. The department store was the first of its kind in Leipzig-Plagwitz and is thus a symbol of early consumer culture. As such it suggests an angle for the critical interrogation of capitalism that is part of Haude’s artistic practice. However, the specifics of the house’s history, the deportation and murder of its owners, disrupts this line of attack while at the same time providing a new perspective. Haude poses the question: »Can we find a space within an invisible department store that provides the necessary distance for considered critique?«

Bertram Haude (*1971) studied fine art at the Academy of Visual Arts in Leipzig with Astrid Klein. Although his works employ a variety of media they are bound together by a strongly socio-political approach. His work has received recognition in the form of numerous stipends. In 2009 he travelled to Israel for a year with a DAAD fellowship.

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(Foto: Frank Höhle)

Maison de Valeur (Foto: Carsten Humme)

Maison de Valeur

WALK #1

Walk #1 ist eine Performance, die für das Projekt Kaufhaus Joske produziert wird. Sie knüpft an die ursprüngliche Funktion des Kaufhauses in Leipzig-Plagwitz an: Den Kunden, die hauptsächlich dem Arbeitermilieu entstammten, wurden die Waren des täglichen Bedarfs angeboten. Walk #1 wirft in Form einer Modenschau einen skeptisch-melancholischen Blick auf eine Zeit, in der die Identifikation mit dem Beruf noch nicht dem Imperativ der individualistischen Selbstverwirklichung folgte. Sie ist der Versuch, mehreren Verwirrungen zu begegnen: Was ist Kleidung im System Mode? Ist die liaison dangereuse von Waren- und Kulturproduktion nicht mehr aufkündbar? Sind Performance und Pop-Art desselben Geistes Kind?
MAISON DE VALEUR sind KünstlerInnen aus Leipzig.

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(Fotos: Carsten Humme)

WALK #1

Walk #1 is a performance produced specifically for Projekt Kaufhaus Joske and references the original function of the Joske department store situated in Leipzig-Plagwitz. The store offered its mostly working class customers the commodities of everyday necessity. Using the format of a fashion show, Walk #1 casts a melancholic glance at a time in which workers still identified with their professions without following the imperative of self-fulfilment. The piece is an attempt to deal with several sources of confusion: What is the role of clothing in the system of fashion? Is the dangerous liaison between commodities and culture no longer revocable? Are performance and pop art born of the same spirit?
MAISON DE VALEUR is a group of Leipzig artists.

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(Foto: Carsten Humme)

Tris Vonna-Michell: Leipzig Calender Works (Foto: Carsten Humme)

Tris Vonna-Michell

Leipzig Calendar Works

In den Sprechperformances von Tris Vonna-Michell strömen in rasendem Tempo Worte und Sätze aus ihm heraus, gelegentlich ist eine Jahreszahl oder ein Straßenname aus dem Fluss der Worte zu vernehmen. Es sind Ergebnisse, Zwischenstände, wahrnehmbar sind Fragmente seiner Recherchen an bestimmten Orten, nach deren Vergangenheiten und spezifischen Geschichten. Die Problematik, als Nachgeborener begreifen zu wollen und dann feststellen zu müssen, eben nicht die einzig gültige Geschichte erzählen zu können, fließt direkt in Vonna-Michells Arbeit ein. Seine Form der mündlichen Erzählung lässt auf eindrucksvolle Art und Weise ein Neben- und Miteinander verschiedener Zeiten und Perspektiven in der Kombination privater und politischer Geschichte, Fakten und Fiktionen zu. Tris Vonna-Michells Arbeiten sind stets unabgeschlossene Projekte: einzelne Details verändern sich je nach dem Ort und der Zeit ihrer Aufführung und befinden sich dadurch in einer permanenten Wandlung. Die Arbeit „Leipzig Calendar Works“ begann mit einem Aufenthalt (und den Recherchen) Vonna-Michells in Leipzig im Jahr 2005 und wird nun mit seiner Rückkehr ihre Weiterführung finden.

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(Fotos: Carsten Humme)

In Tris Vonna-Michell’s performances, a profusion of words and sentences flows from his mouth at breakneck speed. A year or a street name is occasionally loosens itself from the stream and becomes audible. What we hear are interim results, fragments of an investigation of specific places, of their histories and their particular stories. Vonna-Michell’s work is about the problem of wanting to understand the past that has begotten us yet not being able to tell the one valid story of this past. His form of oral narration involves a unique assimilation of diverse points in time and perspectives in the combination of private and political history, fact and fiction. Tris Vonna-Michell’s pieces are a priori unfinished works. Individual details vary according to the place and time of the performance and are as such in permanent flux. The project „Leipzig Calendar Works“ began with a sojourn and accompanying research in Leipzig in 2005 and will now be continued upon his return.

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Jörg Herold

Eine Hochdruckreinigung der Hausfassade als „private“ Erinnerungsarbeit am ehemaligen Kaufhaus Joske. Freilage der Zeitschichten auf 202 cm Höhe über Normalnull.

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